Die WEG ist zu einer teilrechtsfähigen Person geworden!
Stand: März 2010

Der BGH sorgt immer wieder für Überraschungen, so auch 2005, als er die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer recht umfangreich für rechtsfähig erklärte (BGH, Beschluß vom 02.06.2005, V ZB 32/05, NJW 2005, S. 2061).

Sowohl wir Hausverwalter, wie auch die Fachjuristen und die Wohnungseigentümer hatten mit einer derartigen Entscheidung nicht gerechnet und konnten sie anfangs auch nicht nachvollziehen. Der Gesetzgeber setzte noch eins drauf, indem er zum 01.07.2007 das Wohnungseigentumsgesetz entsprechend diesem Urteil änderte.

Was bringt uns diese »Rechtsfähigkeit«

Den meisten von Ihnen dürfte wohl die Begrifflichkeit einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) bekannt sein. Hier haben sich Personen zusammen geschlossen, die zwar wirtschaftlich gemeinsam tätig werden, aber niemals als einzelne Mitglieder außen in Erscheinung treten. (Seitenanfang)

Nach den gesetzlichen Regelungen hat die GmbH eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist von daher schon seit jeher rechtsfähig. Im Klartext heißt das: Eine GmbH ist in der Lage, unabhängig vom Bestand ihrer Mitglieder, Verträge zu schließen. Diese Verträge kommen aber eben nur mit der Gesellschaft zustande, nicht mit den einzelnen Gesellschaftern. (Seitenanfang)

GmbH als Vertragspartner

Bei einer GmbH bleibt mein Vertragspartner immer derselbe, egal was passiert. Da spielt es auch übberhaupt keine Rolle, ob nun ein Gesellschafter ausscheidet oder ob ein neuer oder auch mehrere hinzukommen. Die GmbH, mit der ich meinen Vertrag geschlossen habe, bleibt immer dieselbe. (Seitenanfang)

GmbH = Eigentümergemeinschaft

So, wie es bei der GmbH üblich ist, soll es nun nach den Vorstellungen des BGH auch bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft möglich sein: Sie soll selbst Verträge schließen und daraus resultierende Verbindlichkeiten einhalten können. Ein Beispiel:

Die WEG hat mit einem Händler einen Kaufvertrag über Anpflanzungen und Bäume für den gemeinschaftlichen Gartenbereich geschlossen.
Nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann deswegen auch in Zukunft die Lieferung der Anpflanzunen und Bäume beanspruchen. Dieser Anspruch steht somit nicht jedem einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber dem Lieferanten zu.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist in diesem Fall eine rein gedankliche Konstruktion. Man kann sie weder sehen noch anfassen, trotzdem gibt es sie und sie ist Träger von Rechten und Pflichten. (Seitenanfang)

Klagen und verklagt werden

So ist es nun durchaus möglich, das die Gemeinschaft als Inhaberin von Rechten und Pflichten vom Händler auf Zahlung verklagt wird.

Damit der Händler aber eine Klage bei Gericht einreichen kann bzw. die Gemeinschaft sich dagegen verteidigen kann, ist es mit der rein gedanklichen Konstruktion nicht getan. Hier kommt nun meine Person als Hausverwalter in's Spiel. Ich bin so zu sagen der verlängerte Arm der Eigentümergemeinschaft, der die Sache nun in die Hand zu nehmen hat. Ich unterschreibe die Verträge oder nehme das Mahnschreiben eines Händlers entgegen.

Hat nun die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Vertrag geschlossen, so besteht dieser nicht mehr zwischen den einzelnen Miteigentümern auf der einen und dem Händler auf der anderen Seite. Vertragspartner des Händlers/Unternehmers ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als gedankliche Konstruktion.

Nach altem Recht hatte der Unternehmer/Händler alle Miteigentümer als Vertragspartner, weil die Gemeinschaft selbst bisher keine Rechtspersönlichkeit gehabt hat.

Nach altem Recht müßte ein Händler oder Lieferant jeden einzelnen Wohnungseigentümer anschreiben und zur Kasse bitten, wenn der Verwalter seinen berechtigten Forderungen nicht nachgekommen ist. Da hat er es jetzt einfacher: die Gemeinschaft ist sein Partner, und sonst niemand. Dies funktioniert aber eben nur, weil die Gemeinschaft jetzt eine eigene Rechtsperson ist. Somit bestehen Verträge zukünftig nur noch zwischen der rechtfähigen Gemeinschaft und dem Auftragnehmer. (Seitenanfang)

Die Gemeinschaft ist Kontoinhaber

Bei etlichen Eigentümergemeinschaften dürfte es wohl so gewesen sein, das alle Eigentümer gemeinsam Kontoinhaber gewesen sind. Was für ein Aufwand ! Die Konten für das Hausgeld oder auch die Instandhaltungsrücklage sind jetzt ausschließlich Eigentum der Gemeinschaft. Da das Kind auch einen Namen braucht, heißt der Kontoinhaber künftig also: »Wohnungseigentümergemeinschaft Musterstr. 2«. Daran gibt es dann nichts mehr zu rütteln. Diese Bezeichnung, unter der Ihre Gemeinschaft im Rechtsverkehr auftritt, hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 Satz 4 WEG vorgegeben. Hiernach muß die Gemeinschaft die Bezeichnung Wohnungseigentümergemeinschaft gefolgt von der Angabe des Grundstücks führen. (Seitenanfang)

Als Verwalter bin ich somit verpflichtet, alle Gemeinschaftskonten auf den Namen der Gemeinschaft anzulegen. Basta. (Seitenanfang)

WEG § 10

Allgemeine Grundsätze.

(1) Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, sind die Wohnungseigentümer, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis untereinander in Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes regeln, sowie die Abänderung oder Aufhebung solcher Vereinbarungen wirken gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind.

(4) Beschlüsse der Wohnungseigentümer gemäß § 23 und gerichtliche Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch. Dies gilt auch für die gemäß § 23 Abs. 1 aufgrund einer Vereinbarung gefassten Beschlüsse, die vom Gesetz abweichen oder eine Vereinbarung ändern.

(5) Rechtshandlungen in Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit beschlossen werden kann, wirken, wenn sie auf Grund eines mit solcher Mehrheit gefaßten Beschlusses vorgenommen werden, auch für und gegen die Wohnungseigentümer, die gegen den Beschluß gestimmt oder an der Beschlußfassung nicht mitgewirkt haben.

(6) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Sie ist Inhaberin der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. Sie übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind. Die Gemeinschaft muss die Bezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft" gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen. Sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden.

(7) Das Verwaltungsvermögen gehört der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Es besteht aus den im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Sachen und Rechten sowie den entstandenen Verbindlichkeiten. Zu dem Verwaltungsvermögen gehören insbesondere die Ansprüche und Befugnisse aus Rechtsverhältnissen mit Dritten und mit Wohnungseigentümern sowie die eingenommenen Gelder. Vereinigen sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person, geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über.

(8) Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist § 160 des Handelsgesetzbuches entsprechend anzuwenden. Er kann gegenüber einem Gläubiger neben den in seiner Person begründeten auch die der Gemeinschaft zustehenden Einwendungen und Einreden geltend machen, nicht aber seine Einwendungen und Einreden gegenüber der Gemeinschaft. Für die Einrede der Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit ist § 770 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Die Haftung eines Wohnungseigentümers gegenüber der Gemeinschaft wegen nicht ordnungsmäßiger Verwaltung bestimmt sich nach Satz 1.

Fassung aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26.3.2007 ( BGBl. I S. 370) m.W.v. 1.7.2007


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